Priorato (D.O.C.)

Das Priorato ist eine alte Kultur- und Weinregion von zauberhaftem landschaftlichem Reiz. Es ist eine wilde, zerklüftete, grandiose Berglandschaft mit extrem steil abfallenden Schluchten, dunklem, von Vulkanverwitterung und Schiefer geprägtem Gestein und malerisch eingestreuten alten Dörfern. War die Region bis vor wenigen Jahren fast vergessen, so entwickelte sich zu Beginn der 1990er Jahre eine regelrecht Qualitätsrevolution, die das Priorato wieder in den Mittelpunkt des Interesses rückte. Das Priorato liegt vom Westen her gesehen hinter den Montsant-Bergen, etwa 50 Kilometer vom Mittelmeer entfernt und von diesem durch ein Küstengebirge getrennt. Auf dem kleinen Rebland werden vor allem Trauben für Rotweine angebaut. Um dort hinzukommen fährt man von Tarragona aus an der katalanischen Mittelmeerküste nach Reus. Von dort aus dauert es über einen kurvenreichen Pass bis Falset eine gute Stunde. Falset ist das größte von elf Dörfern, die gemeinsam eines der kleinsten spanischen Anbaugebiete bilden, das D.O.-Gebiet Priorato. Mancher Besucher fühlt sich in ein fernes Zeitalter zurückversetzt. Die Straßen sind eng und gewunden, der Verkehr gering. Die mittelalterlichen Dörfer mit ihren engen Gassen sind Autos selten zugänglich. Das Leben im Priorato ist hart. Neben dem Weinbau tragen nur Oliven und Mandeln zum Lebensunterhalt der Bewohner bei. Ein Großteil der jüngeren Generation verdient an den beliebten Touristen-Stränden bei Tarragona erheblich leichter seinen Lebensunterhalt als im Dorf und auf dem kargen Boden der Ahnen. Lange Zeit galten die Weine des Priorato als alkoholschwer und nicht mehr ganz zeitgemäß. Da sie aus der Mode gekommen waren, erzielten sie keine hohen Preise. Ein fataler Zirkel, denn für die jüngeren Bewohner des kargen Landstrichs wurde es immer weniger interessant, sich auf den heißen, extrem schwer zu bearbeitenden Terrassen abzumühen. Die bearbeitete Rebfläche ist mit dem Abwandern der jüngeren Bevölkerung immer weiter zurückgegangen. Zwar sind noch 1.600 Hektar Rebfläche vorhanden, doch liegen viele dieser Flächen brach. Die bebauten D.O.-Flächen liegen nach Schätzung des Consejo Regulador bei 1.230 Hektar. Doch mit den modernen Priorato-Weinen kamen zu Beginn des Jahrzehnts Erfolg und internationales Interesse zurück. Für Priorato-Weine werden nun wieder Preise bezahlt, mit denen die Kosten gedeckt werden können. Wer heute die Region besucht, sieht nun auch wieder Neuanlagen von Weinbergen. Auch die Zahl der aktiven Weingüter ist wieder erheblich gestiegen. 

Das Priorato hat seinen Ursprung in prähistorischer Zeit. Die Landschaft war einst ein großer Binnensee. Später kamen nach keltisch-iberischen Bewohnern die Römer, die hier Weinbau betrieben und nach Blei und Silber gruben. Ganz im Gegensatz zu heute war die Gegend damals ihres natürlichen Reichtums wegen eine der am stärksten bevölkerten in Katalonien. Gebirgsbäche lieferten klares Wasser und Forellen; in den Wäldern lebte reichlich Wild. Den Namen „Priorato“ und den verstärkten Weinbau verdankt die Region Kartäusermönchen, die Jahrhunderte lang in dem sagenumwobenen Ort Scala Dei (Treppe Gottes) ansässig waren. Der Orden wurde 1163 von Alfonso II. von Aragón in Scala Dei gegründet, nachdem ein Dorfbewohner aus dem Ort Poboleda eine Erscheinung hatte: Engel schwebten auf einer in den Himmel führenden Stiege auf und nieder. Mit der Klostergründung begann eine lange Phase des Wohlstandes für das Priorato, in der Weinbau eine wichtige Rolle spielte. 1835 verließen die Mönche das Kloster. Das ehemalige Prioratsgebäude, das der Region den Namen gab, ist heute Ruine. Ein zweiter Einschnitt kam mit der Reblaus gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts. Das Insekt zerstörte in kurzer Zeit die gesamten Weinberge, die einmal 17.000 Hektar betragen hatten. Nur ein kleiner Teil der Flächen wurde danach wieder angepflanzt. Nach dem Weggang der Mönche scheint die Zeit im Priorato für viele Jahre stehengeblieben zu sein. Das Priorat ist heute eine stille, weithin verlassene Gegend. Die meisten Einwohner der elf Ortschaften, aus denen die Weinbauzone besteht, sind über 60 Jahre alt. Nur an Wochenenden kommen jüngere Familienmitglieder aus der Stadt oder von der Küste. Sie und die alten Winzer bestellen den größten Teil der noch produktiven Weinbauflächen, die meist in sehr kleine Parzellen unterteilt sind. Das meiste Lesegut wandert in die Genossenschaftskellerei oder in die Kellerei Scala Dei. Die Weine des Priorato gerieten selbst in Spanien fast in Vergessenheit. Glücklicherweise kamen Mitte der 1980er Jahre vier Freunde überein, das verborgene Potenzial der Region wieder zum Leben zu erwecken. Die erfahrenen Önologen René Barbier, Alvaro Palacios, Carles Pastrana und José Luiz Pérez begannen damit, gemeinsam einige Weine zu produzieren. Der Erfolg gab ihnen recht. 1989 machten sie erste Weine, seit 1991 hat jeder ein eigenes Weingut. Mit ihren Weinen hatten sie sensationelle Erfolge und zogen das Augenmerk der Weinwelt auf die Weine des Priorato. Damit hat es die Reputation zurückgewonnen, die es verdient. Einziges Problem: Es gibt von keinem der neuen Super-Weine mehr als 100.000 Flaschen. Allerdings ist die Zahl der Bodegas in jüngster Zeit kräftig gestiegen und betrug Ende 2002 bereits 43. Bis 1989 war Scala Dei die einzige flaschenfüllende Bodega des Gebiets gewesen.
Boden
Die Böden sind mager und steinig. In 40 cm Tiefe liegt meist nackter Fels. Nur in Talsohlen finden sich tiefgründigere Böden. Das Material ist dunkel (wärmespeichernd) und besteht aus Vulkanwitterung, Schiefergestein und Quarz, hier „licorella“ genannt. Diese Böden erbringen sehr niedrige Erträge, aber extrem reife, konzentrierte und aromatische Weine mit interessanter Struktur. Sie sind kaum mit anderen Weinen Spaniens zu vergleichen. Fachleute zählen sie mit Alkoholgraden ab 13,5 bis 18 Prozent Vol. „zu den stärksten und konzentriertesten Spaniens und vielleicht sogar der ganzen Welt“ (Hubrecht Duijker).
Klima
Obwohl das Priorato nur etwa 50 Kilometer Luftlinie vom Mittelmeer entfernt liegt, ist sein Klima im Sommer heißer und trockener und im Winter erheblich kälter als an der Küste. Die Niederschläge erreichen kaum 400 mm im Jahr. Das etwa 1000 m hohe Küstengebirge hält die Feuchtigkeit ab. Dennoch blasen auch im Sommer kräftige Küstenwinde nachmittags kühle Luft in die Weinberge. Oft weht aber auch der „seré“, ein trockener Wind, aus dem Norden. Im Juli und August steigt die Quecksilbersäule problemlos bis 40° Celsius, kann aber in der Nacht wieder auf 10 bis 12° fallen. Diese Schwankungen sind hervorragende Voraussetzungen für sehr gutes Traubenmaterial, denn die Tageshitze läßt die Trauben gut ausreifen, die Abkühlung sorgt für Aroma und elegante Säure. Die Höhenlagen der Weinberge sind sehr unterschiedlich - ebenso wie die Lage der Dörfer. Die Lage der Weinberge schwankt von 200 m in den Talsohlen bis 1000 m auf den am höchsten gelegenen Terrassen. Dadurch entstehen interessante Kleinklimata, die in jüngster Zeit von einigen Erzeugern beobachtet und systemmatisch genutzt werden.